Angeblich sollen ganz normale Leute immer wieder Schwierigkeiten mit ganz normalen Zahlen haben. Erstaunlich, wie niedrig dabei die Grenze der beginnenden Verwirrung liegt. Es folgen einige Beispiele, die mir in der letzten Zeit begegnet sind:

Röhrchenklause: "Von wegen Hängetitten! Datt sind doch wahre Prachtexemplare - aber beide!"

"Jau, stimmt. Und so jung ist die Alte ga nich mehr!"

So als Einstieg finde ich dieses Beispiel sehr gut. Es handelt von kleinen Zahlen. Die zwei Möpse gehörten zu einer etwa 40jährigen Frau.

TV-Werbung: "Diese Nachtcreme erhöht die Spannkraft ihrer Haut um 29,3 Prozent"

Ihr müsst mal drauf achten, wie oft eigentlich nicht quantifizierbare Verhältnisse bis auf die Kommastelle genau angegeben werden. "Spannkraft der Haut" ist eins der extremsten Beispiele hierfür. Es klingt so schön "wissenschaftlich". Viel besser als 30% oder "ein Drittel", oder?

Nachbartisch Restaurant: "Mann, weisse wie froh ich bin, datt ich meine Belechschaftsaktien von Mannesmann früh genuch verkloppt hab, du. Fünfhundert Mark habbich für gekricht. Gezz stehnse nur noch auf 340. Datt musse dir ma vorstelln. Jahrelang hab ich mich da krummgelecht un gezz wirtschaften se den Laden da in Grund und Boden ..."

"Wieso datt denn? Datt sind gezz 340 Euro - hamse doch irgendwann umgestellt - und datt sind immerhin 680 Mark. Hasse datt nich mitgekricht, du Stratege? Außerdem hamse die ganze Schose noch irgendswie durch 10 geteilt. Datt watt du da dammals für 500 versemmelt hass, äh, da hättse also gezz so um die 7.000 Mark für gekricht!"

"... watt? Datt gibs doch ganich ... Bisse dir da sicher!?"

"Mann - wofür hasse eigentlich deine Zeitung abonniert? Nur für de Katoffelschaln oder kuckse da zwischendurch auch ma rein? Ich mein gezz ausser deine Sportseiten"

"Sicha kuck ich da rein, abba datt versteht doch kein Schwein mehr. Mitte ganze englische Wörter mittlerweile. Mann, datt ham die dann schon ganz schön geschickt eingefädelt, du. Weisse - ers machen se dich völlich Banane mit ihre Sprache, so datte nix mehr verstehs und dann kommse hier rüber und stecken sich für 30 Millionen Mark ma eben unser Mannesmann inne Tasche, die bekloppten Inselaffen"

[Vodafone hat später etwa 330.000.000.000 DM (168.726.320.795 Euro) für Mannesmann bezahlt]

Unser fleißiger Mannesmann-Malocher hat sich seinerzeit bei der Einschätzung des Kaufpreises um das sage und schreibe 10.000fache vertan.

Wer jetzt lacht, der schätze bitte das Verhältnis des Kaufpreises zum Bundeshaushalt Deutschland 2002. Basierend auf Euro, bitte.

Weia. 68,17%. Vodafone ist ziemlich hart drauf, oder?

13 Uhr Nachrichten auf WDR 2, August 2001: "Der Tanker lief vor der Portugiesischen Küste auf Grund und droht 40 Millionen Tonnen Öl zu verlieren."

Ups. Gemeint waren 40 Millionen Liter und das entspricht einem Gewicht von 32.000 Tonnen. Einheitenbereinigt hat sich da jemand um das 1250fache vertan. Aber wenn wir schon dabei sind - ich wünsche mir 40 Millionen Liter Diesel zum Geburtstag. Damit käme ich in meinem Pick up bei 9,5 l/100 km locker 421.052.632 Kilometer weit. Bis zum Mars. Mit mindestens 20.000.000 Kilometer Reserve, falls ich mich verfahren sollte.

Scherz beiseite. Eine WDR-Redaktion sollte wissen, welche Zahlen sie herausgibt.

Trailer von 1live: "Das 1live Party-Raumschiff fliegt mit Lichtgeschwindigkeit. Unter uns zieht in einer 15tel Sekunde der Sektor vorbei. Paderborn, Dortmund, Essen, Duisburg ..."

So, so. Die Lichtgeschwindigkeit beträgt 299.792.458 Meter pro Sekunde und die Entfernung Paderborn-Duisburg 130 km. Das Licht benötigt für diese Strecke ergo gerade mal 0,000434 Sekunden. ´Tschuldigung, mal eben um das 346fache vertan.

Ganz davon abgesehen, daß man Masse nicht auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen kann. Aber die Crew von 1live findet ja auch Onkel Fisch lustig. Was also will man von einem solchen Sender erwarten ...

MDR, August 2002: "70% Sachsens sind überflutet oder geschädigt, davon die Hälfte zu 50% oder mehr"

Danke, MDR. Die Hälfte von 70% sind 35%. Davon sind 50% geschädigt. Das macht dann 17,5%. Wach auf, du schwachsinniger Zoni-Redakteur. Die Zeiten der Planwirtschaft sind vorbei!

Duden, Allgemeinbildung kompakt, S. 187: "1960 - Tauchboot Trieste erreicht fast 1.100 m Tiefe (Piccard)"

Druckfehler in Lexika machen mich mehr als nervös. Die "Trieste" erreichte am 23. Januar 1960 eine Tauchtiefe von 10.916 m. Fast 11.000 m. Also nur ´ne "Null" vergessen.

Wenn mich jetzt Günni Jauch für 500.000 Euro nach dem Geburtstag von Johann Sebastian Bach gefragt hätte und ich hätte ihm siegessicher 23.01.1685 statt 21.03.1685 gesagt, nur weil es in eben diesem Buch stand?

Ruhr Nachrichten, 11.09.02: "Schloss schrumpft" Wegen eines Berechnungsfehlers wird der Schlossneubau in Berlin nur 60.000 statt 100.000 m² Nutzfläche aufweisen. (Kulturstaatsminister Nida-Rümelin) Die Gesamtkosten für den Neubau belaufen sich auf 590 Mio €.

Naserümpf. Ich plane für 200.000 € eine Eigentumswohnung mit 80 m². Kosten pro Quadratmeter also 2.500 €. Bei der Planung der Einweihungsfeier stelle ich dann aber fest, daß ich mich verrechnet habe. Um 40%. Aus 80 m² werden 48 zu je 4.167 Euro. Na ja, kann schon mal passieren.

WAZ, 23.08.02, Titelseite: "15.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde" Angabe zur Pumpenleistung, die das Wasser der Elbe in den Elbe-Jeetzel Kanal zurückdrücken soll. Neun Stück davon arbeiten gleichzeitig.

Auch nicht schlecht. Jetzt saugen wir die Sorpe leer. Voll aufgestaut faßt die Sorpe-Talsperre 70 Millionen Kubikmeter. Das sind 70 Millionen Tonnen Wasser. Oder entsprechend dem üblich-üblen Kleinwagenmodell - 70 Millionen VW-Golf. In einer Schlange hintereinander geparkt wickelt sich die etwas über 7 mal um die Erde. Egal. Kann sich sowieso keiner vorstellen, oder? Wenn wir jetzt aber unsere Pumpenbatterie anschmeißen, ist die Sorpe-Talsperre innerhalb von 8 Minuten und 38 Sekunden leer.

Logisch, das das nicht geht. Die WAZ hat sich um den Faktor 1.000 verhauen. Gemeint waren 15.000 Liter pro Sekunde. Glückwunsch hierzu.

Anregungen, Berichtigungen und vor allen Dingen eigene Erfahrungen sind hier natürlich wie immer willkommen.