Das Konzept



Wir befinden uns im Besprechungszimmer der Agentur HP Albrecht. Auf der Tagesordnung steht die Vorstellung eines neuen Werbespots für Kinder Pingui.

Alle, die sich schon immer gefragt haben, warum Ferrero-Werbung so schmerzhaft ist, werden es gleich erfahren ...

Die Mitwirkenden: Hans Peter Albrecht als Chef, Friedhelm W. und Erich B., Marketing und Controlling, sowie Reiner K. als Art Director.



"Die Kleine ist ja wirklich niedlich, aber hätten wir das nicht auch mit was anderem machen können?"

"Was anderem?! Was heißt denn hier mit was anderem? Wer ist denn hier der Art-Director? Sie oder ich?"

"Ich finde, sie sollte wenigstens einen Rock tragen. Mädchen in Hosen ... Die Kollegen von Spee nehmen einfach einen gemalten Fuchs!"

"Das ist Waschmittel. Wir machen in Schokolade, falls dir das noch nicht aufgefallen ist ..."

"Ach ja, ´tschuldigung..."

"Ruhe bitte, meine Herren. Jetzt lassen sie unseren kreativen Kopf endlich ausreden!"

"Danke Herr Albrecht. Also wo waren wir stehengeblieben - äh ja - der Gladiator steigt also von seinem Wagen und holt ein Handy aus seinem Umhang ..."

"Ben Hur, das erinnert mich an Ben Hur! Klasse. Das waren noch Filme damals ..."

"Lassen sie mich ausreden, verdammt nochmal! Also, er nimmt sein Handy und tippt "Lasst alle Sklaven frei" in das Display ..."

"Äh, und dann? Wer soll sowas kleines lesen können? Zeigt er es dann herum?"

"Erich, das ist eine SMS. Er schickt es einfach weg ..."

"Weg? Ach so, genauso wie in dem "Voll Milch"-Spot. Doch, ne super Idee. Wir machen das einfach nochmal ..."

"Könnte ich jetzt bitte weiterma ..."

Jemand furzt. Kurze Zeit später sieht Erich lächelnd an die eichenvertäfelte Decke, während er mit einer Hand über seinem Schoß wedelt.

"Mann, Friedhelm, meine Blähungen bringen mich noch um ..."

"Junge, Junge, der war mal nicht von schlechten Eltern. Puh! Was hast du denn gestern gegessen? Oder hast du wieder deine Pantoffeln ausgezogen?"

Unterdrücktes Gelächter.

"Herr Albrecht, ich kann SO nicht arbeiten!"

"Meine Herren - bitte!"

"Also genau an dieser Stelle kommt das UFO und ein Greifarm reißt ihm das Handy aus der Hand und dann kommt das Mädchen in´s Spiel. Sie ..."

"Sie sollte einen Rock tragen, finde ich. Diese Texas-Hosen sind einfach nichts für Mädchen!"

"Aber viele Mädchen tragen heute schon Röcke, Erich. Eigentlich bin froh, daß sie wenigstens überhaupt was anhaben. Manchmal weiß man ja gar nicht mehr, wohin man da noch kucken muß ..."

"Ein richtiger Rock zeigt höchstens die weißen Kniestrümpfe, Friedhelm. Das hat überhaupt nichts unzüchtiges, du altes Ferkel ..."

"... SIE ZIEHT SICH ALso ihren Zopfpullover von ihren Hüften und hält damit den Greifarm des UFOs fest, das Handy fällt auf den Boden, genau auf die Sende-Taste und so kommen alle Sklaven frei!"











Stille











Tiefe Stille











"Der Pullover ist gelb. Wie will jemand mit einem Schwarz-Weiß Fernseher den Unterschied zwischen Gelb und hellem Türkis erkennen?"

"Neiiiin!! ... Ich halte das hier nicht länger aus! Wer zum Teufel hat heute noch einen Schwarz-Weiß Fernseher, Herrgottnochmal!"

"Ich finde, Erich hat recht. Wir dürfen Leute mit Schwarz-Weiß Fernsehern nicht einfach ins Abseits drängen ..."

"Es ist die AUSSAGE die zählt! Nicht die Farbe! Wo bin ich hier bloß gelandet!? Herr Albrecht, sagen sie denen bitte ... Herr Albrecht!?"

"Mmmh, was? Ja?"

"Er hat schon wieder gepennt, Friedhelm - hast du das gesehen? Friedhelm?"

"Mmh, was?"

"Also meine Herren, die Aussage des Spots ist klar und paßt hervorragend in unser Konzept. Also werden wir ihn drehen."

"Ähhhh ..."

"Was - gibt es irgend jemand, der meine Entscheidung nicht mitträgt?"

"Na ja, wie war das nochmal mit der Aussage?"

"Erich, bist du bekloppt oder was? Willst du dir den ganzen Mist nochmal anhören?"

"Psst, der Spot ist doch total beschissen, findest du nicht? Oh ha - ich hab ich schon wieder gefurzt ..."

"Mein Gott nochmal. Ich hab´s gemerkt!"

"In Ordnung. Bevor wir Mist bauen, wiederholen sie also in kurzen Sätzen die Aussage"

"Gerne, Herr Albrecht. In dem wir also den Gladiator in Bezug zu dem Ufo setzen, zeigen wir, daß das martialische, das gleichsam tierische in uns, sich mit dem technologisch orientierten Unbekanntem in einem ständigem Kampf befindet. Quasi arbeiten wir mit dieser Metapher die Ur-Ängste der meisten Menschen heraus. Diese verunsicherten Menschen suchen einfach nach etwas, was ihnen diese Ängste nimmt. Und dann kommen wir und zeigen ihnen ..."

"Genau! Das ist wie mit diesem komischen Internetz, oder wie das heißt. Mein Enkel sagt immer, daß ich ..."

"Pscht! Erich, halt endlich deine Klappe! Es ist gleich halb vier - ich muß nach Hause!"

" ... fertig, die Herren? Schön. Also zeigen wir ihnen, wie ein Kinder Pingui und ein junges blondes Mädchen diese Ängste einfach wegpusten!"

"So, meine Herren. Sie haben die Aussage nochmals gehört und hoffentlich verstanden. Ich sehe keine Probleme das Script morgen den Produzenten vorzulegen und den Dreh anzuweisen. Guten Tag noch und einen herzlichen Dank an unseren Art Director!"

"Friedhelm, sollen wir dem Sack nicht endlich mal sagen, daß unsere Spots höchstens als Lachnummer taugen?"

"Mann, Erich, halt bloß die Schnauze! Du weißt doch, daß ich morgen goldene Hochzeit habe. Ich hab noch kein Geschenk - also fang jetzt bloß keine Diskussionen mehr an!"

"Aber das nächste mal sagen wir´s ihm, oder?"

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